Menschen mit Hörproblemen kann heute, dank neuester Hörgerätetechnik, besser als früher geholfen werden, an ihrer Umwelt aktiv teilzunehmen. Hörbehinderte brauchen sich nicht mehr ausgegrenzt zu fühlen.
Und dennoch gibt es Bereiche, bei denen selbst moderne Hörgeräte an ihre physikalischen Grenzen stoßen. Dann nämlich, wenn es darum geht, die für die Verständlichkeit bestimmten Informationen, die teilweise durch höhere Geräuschpegel überdeckt sind, herauszufiltern. Das kann auch eine noch so gute Lautsprecheranlage nicht leisten.
In sakralen Räumen kommt zudem der mehr oder minder starke Nachhall zu den üblichen Störgeräuschen hinzu, in dem die eigentliche sprachliche Information regelrecht versacken kann.
Hier ist es umso mehr wichtig, den Hörbhinderten die Möglichkeit zu geben, das gesprochene Wort direkt zuzuspielen, also ohne Umweg über Lautsprecher und Raumakustik.
Im wesentlichen gibt es drei Systemansätze:
Induktive Hörhilfen
Voraussetzung, aber auch Vorteil: Der Hörgeschädigte benutzt sein auf ihn persönlich eingemessenes Hörgerät mittels der sogenannten T-Option.
Generell plädieren alle europäischen Schwerhörigenverbände bei ortsfesten Anlagen für die Induktionsvariante.
Für Menschen mit Hörhilfen ist sie sofort einsetzbar und steht für eine optimale Übertragung, unabhängig von zusätzlichen Gerätschaften, notwendigen Batterien etc.. Seitens der Kosten fällt eine Induktions-anlage in der Regel bereits ab 10 gleichzeitigen Nutzern günstiger aus.
Jeder Bauherr und Veranstalter, wie auch jede Kirchengemeinde, sollte die technische Umsetzbarkeit einer Induktionsschleife – auch bei einer späteren Einrichtung – prüfen lassen.
Aufbau einer Induktionsschleife
Von einer vorhandenen Beschallungsanlage oder einem separaten Mikrofon abgenommen 1, wird das Signal in einen Induktionsschleifenverstärker 2 eingespeist. Der Verstärker speist an seinem Ausgang mit konstantem Strom eine Induktionsschleife 3 oder auch speziell zusammen geschaltete Schleifen. Der Strom in dieser Leitung erzeugt ein Magnetfeld m in dem Bereich der Zuhörer.
Das Layout der Schleife kann im einfachsten Fall ein Schleifendraht sein, der in den Sockelleisten raumumfassend verlegt wird. In größeren bzw. quadratischen Räumen sind, soweit baulich möglich, mehrere Schleifen gleicher Größe zu legen.
Leider ist es immer noch die gängige Praxis, die 100 V-Endverstärker lediglich mit einem zusätzlichen Audiotrans-formator zu bestücken. Solche Systeme haben zwei grundlegende Nachteile:
- sie weisen ein ungünstiges Frequenzverhalten auf. Mit zunehmender Frequenz steigt die Induktivität an, die für die Sprachverständlichkeit wichtigen hohen Frequenzen können somit nicht mehr abgestrahlt werden.
- sie sind abhängig von der Lautstärkeeinstellung der Lautsprecher, die eingespeiste Leistung ist unzureichend.
Reine Induktionsschleifen-Verstärker sind als Konstantstromverstärker konzipiert und haben diese Nachteile nicht.
Neben der Anschaffung eines eigenen Schleifen-(Konstantstrom) Verstärkers ist eine fachgerechte Planung der Schleife unabdingbar:
Nicht überall dort, wo es wünschenswert wäre, können akzeptable bzw. gute Bedingungen für die Verlegung der Induktionsschleife vorgefunden werden. Deshalb ist es in der Planungsphase als erstes erforderlich, einen vorgeschlagenen Ort hinsichtlich folgender Bedingungen zu untersuchen:
• gibt es magnetischen Störfelder elektrischer Anlagen, z. B. Heizungssystemen im Fußboden oder im Dachbereich, der elektronischen
Steuerungen von Beleuchtungssystemen, Umspannungstransformatoren, Generatoren, …
• gibt es Einflüsse magnetisch oder elektrisch leitender Materialien in der Gebäudestruktur, insbesondere Armierungsgitter bzw. -eisen, vor allem dort wo die Schleife verlegt werden soll
• sind anderer Induktionsschleifen in der Nachbarschaft, deren Signale diejenigen der geplanten Schleifen stören können
Eine messtechnische Erfassung vorab ist angeraten.
Prinzipiell reicht es, den Schleifendraht einmal an den Außenkanten des Raumes längs zu führen. In Vortrags-, Seminar- oder Gemeinderäumen ist dies die optimale Lösung.
In vielen größeren Sälen, Kirchen, Hallen, in denen nachträglich eine Schleife verlegt werden soll, ist dies baulich ebenfalls die einzige Option. Eine homogene gleich starke Feldstärke, wie in DIN EN 60118-4 vorgegeben, ist so ab einer bestimmten Größe nicht immer zu erreichen.
Hier ist eine segmentierte Schleife anzustreben, die kurzen Kanten des Rechtecks sollten eine Länge von 6 m nicht weit überschreiten.
Bild 2 und Bild 3 zeigen entsprechende Varianten.
In Kirchen mit den üblichen Holzbankreihen ist dies häufig nachträglich recht einfach zu realisieren.
Für komplexe Räume bieten wir in Zusammenarbeit mit den Herstellern die Simulation der zu erwartenden Feldstärke mit verschiedenen Varianten an.
Alternativ zur Auslegung einer Schleife im ganzen Raum gibt es die Möglichkeit, nur einen kleinen Teilbereich abzudecken und ihn
für die Besucher entsprechend zu kennzeichnen.
Neben einfachen Kabeln gibt es flache Kupferbänder, die sich insbesondere zur Verlegung unter Teppichböden, Laminat, …, eignen.
Weitergehende Infos und Angebote auf unserer speziellen Webseite: www.barrierefrei-hoeren.de/entscheidungshilfen/induktionsbasierte-systeme/
Funk- und Infrarot basierte Hörhilfen
funkbasiert:
Ein Funksender gekoppelt mit der Beschallungsanlage versorgt den gesamten Raum. Jeder Hörgeschädigte ist mit einem eigenen Empfänger zu versorgen. An diesen kann entweder ein Kopfhörer oder eine individuelle Induktionsschleife angeschlossen werden.
Funkbasierte Hörhilfen werden in der Regel nicht unter diesem Begriff beworben.
Sie finden sich als Tourguide- und / oder Dolmetschersysteme im Markt. Der Einsatz als Hörhilfe ist nur eine der möglichen Einsatzzwecke.
infrarotbasiert:
Ein Sender – gekoppelt mit der Beschallungsanlage – wandelt das Audiosignal in ein speziell moduliertes Signal, das Infrarotstrahler ansteuert und das abgegebene Licht entsprechend moduliert. Jeder Hörgeschädigte ist mit einem eigenen Empfänger mit Kopfhörern zu versorgen, der das ‚Lichtsignal‘ wieder zurückwandelt. Das Lichtsignal liegt im Infrarotbereich und ist für das menschliche Auge nicht sichtbar.
Viele ältere Anlagen aus der Zeit der wesentlich stärker regulierten Funkfrequenzen basieren auf diesem Systemansatz.
Nachteil einer infrarotbasierten Anlage ist die notwendige Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger, daher inzwischen häufig durch funkbasierte Anlgen ersetzt.
Weitergehende Infos und Angebote auf unserer speziellen Webseite:
www.barrierefrei-hoeren.de/entscheidungshilfen/funkbasierte-systeme/
www.barrierefrei-hoeren.de/entscheidungshilfen/infrarotbasierte-systeme/
W-Lan Streaming
Audiostreaming über WLAN ist die innovative Möglichkeit, Hörgeschädigte zu versorgen:
Benötigt wird lediglich ein Sendermodul und ein W-LAN Netz.
Der Zuhörer nutzt sein eigenes Smartphone und Kopfhörer
Diese Technik wird in Zukunft sicherlich eine große Rolle spielen und die bisherigen Systeme ergänzen bzw. ersetzen.
Zur Zeit allerdings teils noch sehr kostspielig in der Anschaffung und je nach Smartphone – Betriebssytem teils mit wahrnehmbaren Latenzen (Zeitversatz) behaftet.
Latenz – zeitliche Verzögerung bzw. fehlende Synchronität
Im Gegensatz zu den anderen Systemansätzen wie funkbasiert, infrarotbasiert oder über eine Induktionsschleife ist das W-LAN Streaming teils hörbar latenzbehaftet.
Die Latenz beträgt je nach Betriebssystem und Betriebssystemversion bis zu 120 ms,. bei Andorid in der Regel mehr als bei ioS. Dieser zeitliche Versatz ist je nach Länge durchaus wahrnehmbar (das Signal hört sich dann als eine Art ‚Echo‘ an).
Der Versatz entsteht hauptsächlich in der Umsetzung der Software im Smartphone, teils auch bei starker Auslastung der W-LAN Übertragung. Leider gibt es gerade im Android – Bereich kein wirklich einheitliches System, sodass gerade hier massive Unterschiede von Version zu Version in der Latenz auftreten können. – Das ist übrigens ein Problem, das alle W-LAN Streaming Anwendungen gleichermaßen trifft.
Weitergehende Infos und Angebote auf unserer speziellen Webseite: www.barrierefrei-hoeren.de/entscheidungshilfen/w-lan-streaming/